Funktionen von Progesteron

Progesteron ist u. a. gemeinsam mit Östrogenen für die Regulation des weiblichen Zyklus verantwortlich.1


Welche Funktionen hat Progesteron bei der Frau?

Um eine Ovulation auszulösen, stimulieren Östrogene einen sprunghaften Anstieg der Ausschüttung des luteinisierenden Hormons (LH) durch die Hypophyse.1 Durch die LH-Ausschüttung wird zudem die Synthese von Progesteron angeregt. Progesteron wirkt dann durch einen negativen Rückkopplungsmechanismus hemmend auf das Gonadotropin-Releasing-Hormon (GnRH) und das LH ein, sodass der LH-Spiegel wieder abfällt. Der erhöhte Progesteronspiegel bewirkt zusätzlich einen Anstieg der Körpertemperatur von 0,6–1 °C.1

Abbildung 1: Hormonelle Regulation mit Verlauf des Progesteron-Spiegels im ovariellen Zyklus und Auswirkungen auf die Gebärmutterschleimhaut.

Zudem reguliert Progesteron im Zusammenspiel mit Estradiol den kontinuierlichen Aufbau, die Umwandlung und schließlich auch die Abstoßung des Endometriums oberhalb der Basalschicht2 (Abb. 1). Die Basalschicht des Endometriums besteht aus Stammzellen, Epithelzellen und Stromazellen, welche den zyklischen Aufbau des Endometriums vermitteln. Die obere Schicht des Endometriums (Stratum functionalis) durchläuft während des Menstruationszyklus große Veränderungen, wie Induktion von Proliferation, Sekretion und Degeneration.2 Während Estradiol die Proliferation des Endometriums und somit dessen Aufbau stimuliert, fördert Progesteron die sekretorische Transformation und die Abstoßung des Stratum functionalis. Zudem verändern Progesteron und andere Gestagene die Zusammensetzung des Zervikalsekrets, sodass es visköser und schwer durchlässig für Spermien wird.3

Der Abfall des Progesterons am Ende des Menstruationszyklus führt zur Rekrutierung von Leukozyten und Freisetzung von pro-inflammatorischen Zytokinen, Chemokinen und Proteasen. Die dadurch induzierte Entzündung führt zur Abstoßung des Stratum functionalis und somit zur Menstruationsblutung.2

Zudem unterdrückt Progesteron Uteruskontraktionen, die besonders im Falle einer Schwangerschaft von Bedeutung sind. Außerdem wirkt Progesteron im Zusammenspiel mit Östrogenen positiv auf die Brustdrüsenentwicklung ein.4

Welche Funktion hat Progesteron während der Schwangerschaft?

Progesteron ist besonders während einer Schwangerschaft von großer Bedeutung. Die durch Progesteron bewirkte sogenannte sekretorische Transformation des Endometriums ist eine essentielle Voraussetzung für die Einnistung eines Embryos (Nidation).5

Durch den Corpus luteum werden in den ersten Wochen einer Schwangerschaft ansteigende Mengen von Progesteron gebildet, bis spätestens ab Woche 12 die Plazenta die Produktion übernimmt (sog. Luteoplazentarer Shift). Die Produktion von Progesteron aus Cholesterin ist abhängig von der Stimulation durch GnRH und LH und wird zudem durch Östrogene beeinflusst. Im Laufe der Schwangerschaft steigt das Progesteronlevel durch die Produktion der Plazenta kontinuierlich an.5

Progesteron hat eine schwangerschaftserhaltende Wirkung. Es inhibiert die Prostaglandinproduktion und folglich die Kontraktion der glatten Muskulatur des Myometriums.5 Außerdem wird eine zu frühe Verkürzung des Gebärmutterhalses (Zervix) und damit auch zu frühe Öffnung des Gebärmuttermundes durch Progesteron verhindert.6,7

Außerdem unterdrückt Progesteron Entzündungsprozesse, was zu einer Verhinderung von Frühgeburten beitragen kann. Zusätzlich hemmt Progesteron eine verfrühte Laktation. Diese wird so erst nach der Abstoßung der Plazenta und dem damit verbundenen Abfall der Progesteronproduktion induziert.8

Welche psychische Funktion hat Progesteron?

Progesteron und insbesondere das aus Progesteron im Körper, auch im Zentralnervensystem gebildete Allopregnanolon, werden als Neurosteroide bezeichnet. Neurosteroide haben eine schützende Funktion für das zentrale und periphere Nervensystem. So konnte gezeigt werden, dass Progesteron vor dem Verlust neuraler Zellen schützen kann. Auch bezüglich kognitiver Funktionen übt Progesteron, möglicherweise über seine Metaboliten, in Hirnregionen wie dem Hippocampus und dem Vorderhirn eine Wirkung aus und kann hier möglicherweise Gedächtnisfunktionen beeinflussen.9

Während Östrogene eine psychische Stimulation bewirken, hat Progesteron eher psychisch dämpfende Eigenschaften. Dies kann sich positiv auswirken, weil Angst- oder Stressreaktionen und selbst das Verlangen nach Nikotin eingedämmt werden können.10,11,12 Bei stärkerer Ausprägung, zum Beispiel durch hohe orale Dosen an Progesteron, resultiert ein sedierender Effekt bei erhöhtem Progesteronspiegel, welcher u. a. mit einer verstärkten Wirkung inhibitorischer Neurotransmitter und folglich Müdigkeit und Antriebslosigkeit einhergeht.9 Mithin kann die abendliche Einnahme von Progesteron schlaffördernd wirken.13

Abbildung 2: Funktionen von Progesteron.


Mehr zum Thema

  1. Aktories, K., Flockerzi, V., Förstermann, U., Hofmann, FB. (2022). Allgemeine und spezielle Pharmakologie und Toxikologie. Elsevier GmbH, Urban & Fischer Verlag, 13. Auflage.

  2. Dinh, A., Sriprasert, I., Williams, A. R., Archer, D.F. (2015). A review of the endometrial histologic effects of progestins and progesteron receptor modulators in reproductive age women. Contraception, 91 (5), pp. 360- 367.

  3. Schmidt-Matthiesen, H., Wallwiener, D. (2005). Gynäkologie und Geburtshilfe Lehrbuch für Studium und Praxis. Schattauer GmbH, 10. Auflage.

  4. Leidenberger, F. A., Strowitzki, T., Ortmann, O. (2014). Klinische Endokrinologie für Frauenärzte. Springer Verlag, 5. Auflage.

  5. Byrns, M. C. (2014, Jan). Regulation of progesterone signaling during pregnancy: Implications for the use of progestins for the prevention of preterm birth. J Steroid Biochem Mol Biol. 139, pp. 173-81.

  6. Da Fonseca, EB., Damião, R., Nicholaides, K. (2009). Prevention of preterm birth based on short cervix: progesterone. Semin Perinatol. 33:334-7.

  7. Romero R, Conde-Agudelo A, Da Fonseca E, et al. Vaginal progesterone for preventing preterm birth and adverse perinatal outcomes in singleton gestations with a short cervix: a meta-analysis of individual patient data. American journal of obstetrics and gynecology. 2018;218(2):161-180.

  8. Barros, L.A., Tufik, S., Andersen, M. L. (2015). The role of progesterone in memory: An overview of three decades. Neurosci Biobehavl Rev. 49, pp. 193-204.

  9. Kuhl, H. (2002). Sexualhormone und Psyche. Georg Thieme Verlag.

  10. Eser, D., et al. (2006). Neuroactive steroids in depression and anxiety disorders: clinical studies. Neuroendocrinology. 84(4), pp. 244-54.

  11. Sofuogli, M., Babb, DA., Hatsukami, DK. (2001). Progesterone treatment during the early follicular phase of the mestrual cycle: effects on smoking behavior in women. Pharmacol Biochem Behav. 69 (1-2), pp. 299-304.

  12. Sofuoglu, M., Mouratidis, M., Mooney, M. (2011). Progesterone improves cognitive performance and attenuates smoking urges in abstinent smokers. Psychoneuroendocrinology. (1), pp. 123-32.

  13. De Lignières, B., Vinvens, M. (1982). Differential effects of exogenous oestradiol and progesterone on mood in post-medopusal women: individual dose/effect relationship. Maturitas. (4), pp. 67-72.