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Hintergrund/Zielsetzung
Die Effektivität von Testosteron auf depressive Symptome bei Männern mit Hypogonadismus ist noch nicht vollständig geklärt, die bisherige Datenlage ist unzureichend. Bei in die TRAVERSE-Studie zu kardiovaskulärer Sicherheit aufgenommenen Männern sollten Effekte einer Testosteronsubstitutionstherapie (TRT) auf die Verbesserung depressiver Symptome bei hypogonadalen Männern mit und ohne depressive Symptome ermittelt werden.
Die TRAVERSE-Depressions-Teilstudie war in die TRAVERSE-Stammstudie eingebettet und bewertete die Wirkung von TRT auf die Induktion einer Remission und die Verbesserung depressiver Symptome bei Männern mittleren und höheren Alters mit Hypogonadismus und LG-PDD.
Des Weiteren sollte die Wirksamkeit von TRT bei der Verbesserung depressiver Symptome, Energie, Schlaf und Kognition bei Männern mittleren und höheren Alters mit Hypogonadismus bewertet werden, die gemäß einem Patientengesundheitsfragebogen 9 (PHQ-9) signifikante depressive Symptome aufwiesen, aber nicht alle Kriterien für LG-PDD erfüllten und zu beurteilen, ob TRT depressive Symptome, Energie, Schlafqualität und Kognition bei allen zufällig ausgewählten Teilnehmern unabhängig vom depressiven Status verbesserte.
Patienten und Methoden
Die randomisierte placebokontrollierte Doppelblind-Studie wurde an 316 Studienzentren durchgeführt. Die teilnehmenden Männer waren zwischen 45 und 80 Jahre alt, sie hatten 2 Nüchterntestosteronspiegel <300 ng/dl, ein oder mehrere hypogonadale Symptome und eine kardiovaskuläre Krankheit (KVK) bzw. ein erhöhtes Risiko für KVK.
Es wurden 3 Subgruppen der TRAVERSE-Teilnehmer untersucht: (1) zufällig ausgewählten Teilnehmer, die die vorgegebenen strengen Kriterien für persistierende depressive Störungen niedrigen Grades LG-PDD (engl.: low-grade persisting depressive disorder) erfüllten, (2) alle zufällig ausgewählten Männer, die signifikante depressive Symptome hatten vom Score >4 auf dem Gesundheitsfragebogen (patient health questionnaire-9; PHQ-9) und (3) alle in TRAVERSE randomisierten Männer. Die Intervention erfolgte mit 1,62% transdermalem Testosteron- oder Placebo-Gel.
Studienpopulation
Von den 5.204 randomisierten Patienten der Stammstudie hatten 2.643 Männer signifikante depressive Symptome mit einem PHQ-9-Score >4 (TRT 1.308, P 1.335) aber nur 49 Männer erfüllten die strengen Kriterien für LG-PDD (TRT 26, P 23).
Persistierende Depressive Störungen niedrigen Grades (LG-PDD)
Bei den Patienten mit LG-PDD gab es in keinem Ergebnismaß einen signifikanten Unterschied zwischen der TRT- und der Placebogruppe, was möglicherweise auf eine geringe statistische Aussagekraft zurückzuführen ist. Bei Männern mit signifikanten depressiven Symptomen (n=2.643) und bei allen zufällig zugewiesenen Teilnehmern (n=5.204) war TRT mit geringfügigen, aber signifikant größeren Verbesserungen der Stimmung und Energie verbunden, nicht jedoch der Kognition oder Schlafqualität.
Das relative Verhältnis einer Remission der LG-PDD unterschied sich nicht signifikant zwischen TRT und Placebo. Die Veränderungen ab Baseline der PHQ-9-, der (Geriatric Depression Scale) GDS-15- und der (Hypogonadism Impact of Symptoms Questionnaire) HIS-Q-Scores waren bei Testosteron-Behandlung allerdings numerisch größer als mit Placebo.
Signifikante depressive Symptome (PHQ-9-Score >4)
Anhand des HIS-Q-Scores der Domäne für Stimmung hatten Männer mit erheblichen depressiven Symptomen durch eine TRT signifikant deutlichere Verbesserungen der depressiven Symptome als mit Placebo (Abb. A). Die TRT stand gegenüber Placebo auch mit weitergehenden Verbesserungen des Scores der Domäne für Energie in Verbindung. Die Veränderungen der Scores für Kognition und Schlaf unterschieden sich dagegen nicht signifikant zwischen der Testosteron- und Placebogruppe.
Bei allen Männern mit einem PHQ-9-Score >4 war die mittlere Veränderung des HIS-Q-Scores für Energie unter TRT positiv mit der mittleren Veränderungen des HIS-Q-Scores für die Stimmungslage assoziiert (p <0,0001). Dagegen war die TRT bei Männern mit milden bis moderaten depressiven Symptomen (PHQ-9-Score 5-14) mit einer stärkeren Verbesserung der depressiven Symptome assoziiert als mit Placebo.
Bei Männern der TRT-Gruppe mit einem PHQ-9-Score >4 zu Baseline und jenen in der Placebogruppe traten kaum neue Diagnosen psychiatrischer Störungen auf. Zudem waren sie unbedeutend und unterschieden sich zwischen den Gruppen nicht.
Effekte einer TRT in der Gesamtkohorte
Bei allen in TRAVERSE-Studie randomisierten Männern führte die TRT gegenüber Placebo zu einer geringen aber signifikant größeren Verbesserung der Stimmungslage (Abb. B). Ähnliches galt für die Antriebskraft. Dagegen unterschieden sich die Scores für Kognition und Schlaf nicht signifikant zwischen der TRT- und Placebogruppe. Bei allen Männern, die mit TRT behandelt wurden, waren Veränderungen des HIS-Q-Scores für Energie positiv mit den mittleren Veränderungen des HIS-Q-Scores für die Stimmung assoziiert (p <0,0001).