Andrologie, Testosteronmangel

Testosterontherapie reduziert die Insulinresistenz bei hypogonadalen Männern mit metabolischem Syndrom

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Nach nur 18 Wochen Testosterontherapie konnten bei hypogonadalen Männern (Gesamttestosteron <12 nmol/l oder freies Testosteron <225 pmol/l) mit metabolischem Syndrom (MetS) bzw. Typ-2-Diabetes (T2DM), die keine antiglykämische Therapie erhalten hatten, signifikante Abnahmen des HOMA-IR gezeigt werden. Dabei waren die Abnahmen des Insulinspiegels größer als die des Nüchternblutzuckers. Die in dieser Studie gewonnenen Erkenntnisse legen nahe, dass ein Testosteron-Screening, insbesondere bei Männern mit Verdacht auf Insulinresistenz (z.B. Männer mit MetS, T2DM und zentraler Adipositas) sinnvoll ist, und im Falle eines bestätigten männlichen Hypogonadismus eine Testosterontherapie erhebliche gesundheitliche Vorteile bringen könnte.

Veröffentlicht am 18.07.2024

Originalbeitrag erschienen bei andrologen.info | andro.topics

Hintergrund/Zielsetzung

Mit der Bestimmung des HOMA-IR ist ein zuverlässiger Nachweis der Insulinresistenz möglich. In dieser Studie wurden Veränderungen des Homöstase Model Assessment des Insulinresistenz-Index (HOMA-IR) bei hypogonadalen Männern mit metabolischem Syndrom (MetS) nach einer Testosterontherapie (TTh) beschrieben.

Patienten und Methoden

In der placebokontrollierten, doppelblinden randomisierten kontrollierten Studie (RCT) wurden 184 Männer mit MetS und Hypogonadismus (TTh: 113 Männer, Placebo: 71 Männer) untersucht. Darauf folgte eine offene Phase, in der alle Männer TTh erhielten. Der Fokus lag auf Männern, die keine antiglykämische Medikamente erhielten (TTh: 81; Placebo: 54), da diese HOMA-IR beeinflussen könnten. Vergleiche der HOMA-IR zwischen den Gruppen beschränkten sich auf die RCT. Vergleiche innerhalb der Gruppen wurden bei Männern durchgeführt, die in der RCT- und Open-label-Phase die TTh erhalten hatten (Studienkohorte), und bei Männern, die in der RCT-Phase ein Placebo erhielten und dann in der Open-label-Phase zur TTh gewechselt hatten (Bestätigungskohorte). Mittels Regressionsanalysen wurden Faktoren im Zusammenhang mit Veränderungen der HOMA-IR (ΔHOMA-IR) erkannt. Die Prüfung auf Gleichheit der zentralen Tendenzen erfolgte mit dem Wilcoxon-Vorzeichen-Rang-Test (sign-rank).

Ergebnisse

ΔHOMA-IR nach TTh vs. Placebo in der RCT-Phase

Nach 18 Wochen der TTh sank der HOMA-IR signifikant (p <0,0001, sign-rank). Bemerkenswerterweise war der HOMA-IR nach 30 Wochen TTh deutlich niedriger (p=0,026, sign-rank) als der Wert zu Baseline aber höher als nach 18 Wochen (p=0,20, sign-rank). Mit Placebo war der HOMA-IR von Baseline nach 18 und 30 Wochen erhöht (3,86, 5,23 bzw. 4,65).

Obwohl die nicht mit antiglykämischen Medikamenten behandelten Männer im Mittelpunkt standen, wurde auch die TTh-Gruppe, die antiglykämische Medikamente erhielten, analysiert. Folgende medianen HOMA-IR wurden zu den verschiedenen Zeitpunkten gemessen: 8,32 zu Baseline, 5,65 nach 18 Wochen und 4,80 nach 30 Wochen. Die HOMA-IR-Werte nach 18 Wochen (p=0,18, sign-rank) und 30 Wochen (p=0,068, sign-rank) unterschieden sich nicht signifikant von Baseline.

ΔHOMA-IR (Open-Label-Phase) nach TTh: Studienkohorte

Die HOMA-IR wurden nach 66, 102 und 138 Wochen unter TTh gemessen. Im Vergleich zu Baseline (Woche 0) lag der HOMA-IR an allen Folgezeitpunkten signifikant niedriger.

ΔHOMA-IR (Open-Label-Phase) nach TTh: Bestätigungskohorte

Für die Bestätigungskohorte wurde Baseline auf den Wert, der in der RCT-Phase nach 30 Wochen der RCT bestimmten Wert festgelegt. Die medianen HOMA-IR Werte waren von ausgangs 4,65 nach 30 Wochen signifikant auf 2,84 gefallen und setzten den Abfall nach 66 und 102 Wochen fort.

Veränderung der Nüchternglukose in der RCT-Phase

Die Nüchternglukose war zwischen den Studienarmen zu Baseline (p=0,032) signifikant unterschiedlich: TTh: 5,5 mmol/l; Placebo: 6,0 mmol/l. Nach 18 Wochen war die TTh mit einer signifikanten Abnahme der Nüchternglukose (mediane Nüchternglukose: 5,4 mmol/l; p=0,026) assoziiert, während die Veränderung unter Placebo nicht signifikant war (mediane Nüchternglukose: 5,8 mmol/l; p=0,93). Im Gegensatz dazu unterschieden sich die Nüchternglukose-Werte nach 30 Wochen nicht signifikant (sign-rank) von Baseline (mediane Nüchternglukose: TTh: 5,3 mmol/l, p=0,069; Placebo: 6,0 mmol/l, p=0,51). Nach 138 Wochen TTh (kombinierte RCT und Open-Label-Phase) wurde in der Studienkohorte eine maßvolle aber statistisch signifikante Abnahme (p=0,0057, sign-rank) der Nüchternglukose-Konzentration im Vergleich zu Baseline registriert (mediane Nüchternglukose: 5,2 mmol/l).

Veränderung des Nüchterninsulins

Die Nüchterninsulin-Werte unterschieden sich zu Baseline (p=0,64, rank-sum) zwischen der TTh- und der Placebogruppe nicht: TTh: median 17,4 mIU/l; Placebo: median 14,7 mIU/l. Nach 18 Wochen war die TTh mit einer signifikanten Abnahme (sign-rank) des medianen Nüchterninsulins assoziiert (12,2 mIU/l; p<0,0001), während die Veränderung bei den Männern unter Placebo nicht signifikant war (medianes Nüchterninsulin: 18,85 mIU/l; p=0,24). Nach 30 Wochen unterschieden sich die Nüchterninsulin-Werte nicht signifikant (sign-rank) vom Ausganswert (medianes Nüchterninsulin: TTh: 14,7 mIU/l, p=0,059; Placebo: 16,5 mIU/l, p=0,44). Nach 138 Wochen TTh (kombinierte RCT- und Open-Label-Phasen) wurde eine statistisch signifikante Reduktion (p <0,001, sign-rank) registriert, die Nüchterninsulin-Konzentration in der Studienkohorte hat sich im Vergleich zum Ausgangswert mehr als halbiert (medianes Nüchterninsulin: 8,35 mIU/l).

Zusammenfassung

Bei Männern mit metabolischem Syndrom / Typ-2-Diabetes, die keine antiglykämische-Therapie erhalten haben, zeigten sich nach nur 18 Wochen Testosteronbehandlung signifikante Abnahmen des HOMA-IR. Das wurde bei Männern beobachtet, die zunächst randomisiert TTh erhielten, und auch bei Männern, die nach der RCT von Placebo auf TTh umgestellt wurden. Die Abnahmen des Insulinspiegels waren größer als die des Nüchternblutzuckers. Daher können bei Männern mit Typ-2-Diabetes/MetS, die keine antiglykämische Therapie erhalten, die Verbesserungen der Blutzuckerkontrolle größer sein als die Veränderung des Serumglukosespiegels vermuten lässt. Die in dieser Studie gewonnenen Erkenntnisse legen nahe, dass ein Testosteron-Screening, insbesondere bei Verdacht auf Insulinresistenz (z.B. Männer mit MetS, Typ-2-Diabetes und zentraler Adipositas) und eine anschließende Testosterontherapie erhebliche gesundheitliche Vorteile bringen könnte.

Kernaussagen

  • Anhand des HOMA-IR zu Baseline ließ sich der ΔHOMA-IR, mit einer größeren prozentualen Veränderung des Insulins als der Nüchternglukose vorausberechnen.
  • Bei Männern mit MetS/Typ-2-Diabetes (T2DM) ohne antiglykämische Therapie können Verbesserungen des HOMA-IR größer ausfallen, als durch die Veränderung der Nüchternglukose zu erwarten wäre.
  • Angesichts der Ergebnisse empfiehlt es sich, bei der Behandlung von Männern mit MetS/T2DM ein Hypogonadismus-Screening mit einzubeziehen.

Literatur

Tishova Y, Kalinchenko S, Mskhalaya G, et al. 2024. Testosterone therapy reduces insulin resistance in men with adult-onset testosterone deficiency and metabolic syndrome. Results from the Moscow Study, a randomized controlled trial with an open-Label phase. Diabetes Obes Metab 26:2147–2157.