Andrologie, Testosteronmangel

Werden bei Patienten mit fortgeschrittenem Prostatakrebs die Ergebnisse einer Androgendeprivationstherapie durch das Baseline-Serumtestosteron beeinflusst?

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Die Wirkweise von Testosteron umfasst genomische und nicht-genomische Effekte. Prostatakrebszellen vereinnahmen die Androgenrezeptor-Signalübertragung und die ligandenaktivierte Transkription zur Aufrechterhaltung eines malignen Phänotyps. Doch bislang wurde die klinische Beziehung zwischen Baseline-Testosteronspiegel und der Progression von fortgeschrittenem Prostatakrebs (PCa) bei hormonnaiven Patienten nur spärlich untersucht.

Veröffentlicht am 31.07.2021

Originalbeitrag erschienen bei andrologen.info | andro.topics

Hintergrund

Die Wirkweise von Testosteron umfasst genomische und nicht-genomische Effekte. Prostatakrebszellen vereinnahmen die Androgenrezeptor-Signalübertragung und die ligandenaktivierte Transkription zur Aufrechterhaltung eines malignen Phänotyps. Doch bislang wurde die klinische Beziehung zwischen Baseline-Testosteronspiegel und der Progression von fortgeschrittenem Prostatakrebs (PCa) bei hormonnaiven Patienten nur spärlich untersucht.

Zielsetzung

Aktuell wurde die Hypothese getestet, dass ein Testosteronmangel bei PCa-Patienten, die sich einer kontinuierlichen ADT unterziehen, neue prognostische Möglichkeiten eröffnen kann.

Patienten und Methoden

Die Post-hoc-Analyse wurde anhand der gepoolten Daten zweier großer prospektiver, randomisierter Parallelarmstudien der Phase IIIb mit einjährigem Follow-up durchgeführt. Alle Patienten der vereinten Studienpopulation hatten sich einer kontinuierlichen ADT (LHRH-Agonist oder -Antagonist) unterzogen. Die Überlebensendpunkte (Gesamtüberleben, progressionsfreies Überleben und Zeit bis zum PSA-Anstieg) wurden hinsichtlich des Effektes des Baseline-Serumtestosterons als kontinuierliche Variable bewertet. Sie wurden für niedriges (<2,50 ng/ml) vs. normales (≥2,50 ng/ml) Testosteron verglichen. Diese Einteilung begründet sich auf das Modell der infolge Sättigung begrenzten Androgen-Stimuli auf das PCa-Wachstum (Morgentaler A. und Traish A.M.; Eur. Urol. 2009).

Spiegel des Gesamt- und berechneten freien Testosterons über 12 Jahre

Für die multivariable Analyse und Kaplan-Meier-Schätzungen standen in der Intention-to-Treat-Population Daten von 838 Männern zur Verfügung, die die Einschlusskriterien der Studie erfüllten. Die als kontinuierliche Variable in das Analysemodell eingehenden etablierten klinischen und serologischen Faktoren wie Alter, Baseline Serumparameter (Testosteron, PSA, Hämoglobin und alkalische Phosphatase) plus 3 Kategorien des Gleason-Score (4, 5–6, 7–10) standen für 812 Männer vollständig verfügbar.

Effektivitätsanalysen

Das Baseline-Serumtestosteron war in der Studienpopulation normal verteilt. Wurde es in multivariabler Analyse als kontinuierliche Kovariable behandelt, ergab sich bei allen drei Überlebensendpunkten ein signifikanter Effekt. Die nicht adjustierten Kaplan-Meier-Kurven von 138 Männern mit einem Baseline-Serumtestosteronspiegel unterhalb der so genannten Sättigungsgrenze von 2,50 ng/ml und der 700 Männer, deren Baseline-Testosteronspiegel darüber lag, zeigten signifikant unterschiedliche Wahrscheinlichkeiten für progressionsfreies Überleben (Abb.).

In multivariabler Analyse mit eingepassten klinisch bedeutsamen Kovariablen ergaben sich für die Subgruppe Männer mit einem Baseline-Testosteronspiegel <2,50 ng/ml für das Gesamtüberleben und das progressionsfreie Überleben signifikant günstigere Überlebensperspektiven als bei einem Baseline-Testosteron ≥2,50 ng/ml (HR, 2,24; p <0,02 bzw. HR, 1,57; p <0,02). Für die entsprechende Zeit bis zur PSA-Progression wurde hingegen keine Signifikanz erreicht.

Kernaussage

❏ Die Post-hoc-Analyse liefert gegenwärtig den besten Nachweis dafür, dass sich bei hormonnaiven Patienten mit fortgeschrittenem Prostatakrebs ein niedriges Baseline-Serumtestosteron ungünstig auf das Ergebnis einer kontinuierlichen ADT auswirkt.

Literatur

Patel A, 2021. Does baseline serum testosterone influence androgen deprivation therapy outcomes in hormone naïve patients with advanced prostate cancer? J Urol 205:806-811