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Hintergrund/Zielsetzung
In der TRAVERSE-Studie wurde bei hypogonadalen Männern mittleren Alters und darüber der Effekt einer Testosteronausgleichstherapie (TRT) auf kardiovaskuläre Ereignisse bewertet. In der eingebetteten Sexual Function Study wurden Testosteron-Effekte auf die sexuelle Aktivität, hypogonadale Symptome, die Libido und die erektile Funktion bei Männern mit verringerter Libido untersucht.
Patienten und Methoden
Von insgesamt 5.204 Männern in der TRAVERSE-Studie (mit jeweils zwei Bestimmungen des Testosterons <300 ng/dl, hypogonadalen Symptomen und kardiovaskulärer Krankheit [CVD] oder erhöhtem CVD-Risiko) waren 1.161 Männer mit verringerter Libido bereit an der eingebetteten Sexual Function Studie teilzunehmen (587 erhielten randomisiert 1,62% Testosteron-Gel und 574 ein Placebo-Gel. Der primäre Endpunkt betraf Veränderungen des sexuellen Aktivitätsscores.
Patientencharakteristika
Das mittlere Alter der Teilnehmer betrug 63,7 Jahre; 578 waren 65 Jahre oder älter. Der Score des Personality Diagnostic Fragebogens (PDQ-4) betrug 1,8, der Zusammengesetzte Score des psychometrichen Einflusses (HIS-Q) 46,9 und der IIEF-Score für die erektile Funktion 12,9.
Primärer Endpunkt: Sexuelle Aktivität
Die Männer der TRT-Gruppe hatten nach 6, 12 und 24 Monaten einen signifikant höheren Anstieg ihrer durchschnittlichen täglichen sexuellen Aktivität als Männer in der Placebogruppe (Unterschied 0,49, 0,47 bzw. 0,48; p=0,011; Abb.).
Sekundäre Endpunkte
Bei den Teilnehmern der TRT-Gruppe besserten sich die hypogonadalen Symptome zu allen Zeitpunkten erheblich deutlicher als bei den Männern der Placebogruppe. Das zeigte sich an einer signifikant stärkeren Abnahme des zusammengesetzten HIS-Q-Scores (ein niedrigerer Symptom-Score weist auf weniger Symptome hin; der bezifferte Zwischengruppen-Unterschied nach 6, 12 und 24 Monaten betrug -2,3 -2,5 bzw. -2,7, Omnibus-Test p=0,001).
Die Verbesserung der anhand der HIS-Q Sexualfunktion-Domäne ermittelten Sexualsymptome war in der TRT-Gruppe signifikant größer als in der Placebogruppe (Unterschied nach 6, 12 und 24 Monaten -2,7, -4,0 bzw. -3,4; p=0,019). Das mit der Libido-Subdomäne des HIS-Q bewertete Sexualverlangen verbesserte sich in der TRT-Gruppe signifikant ausgeprägter als in der Placebogruppe (kalkulierter Zwischengruppen-Unterschied: -3,9 nach 6 Monaten; -3,3 nach 12 Monaten bzw. -3,4 nach 24 Monaten, Omnibus-Test p=0,001).
Bei einem Nachverfolgungstermin schätzten die Teilnehmer der TRT-Gruppe ihre Libido stärker verbessert ein als die Placebo-behandelten Männer (Unterschied -0,4 and -0,3 nach 12 bzw. 24 Monaten, Omnibus-Test p<0,001).
Anhand der mit dem IIEF-5-Fragebogen ermittelten Veränderungen der erektilen Funktion, unterschieden sich die TRT- und die Placebogruppe nicht wesentlich. Eine Post-hoc-Analyse ergab bei der erektilen Funktion keinerlei Unterschiede in der durchschnittlichen Veränderung zwischen den mit Testosteron-behandelten Männern mit einem mittleren Testosteronspiegel unter der Behandlung von 450 versus <450 ng/dl.
Unter der gesamten randomisierten TRAVERSE-Population, besserten sich auch die hypogonadalen Symptome bei den mit Testosteron behandelten Männern stärker als bei den mit Placebo behandelten Männern (ermittelter Unterschied im zusammengesetzten HIS-Q-Score zwischen den Gruppen: -1,6, -1,7 und -1,5 nach 5, 12 bzw. 24 Monaten; Omnibus-Test p <0,001).
Kernaussagen
- Bei hypogonadalen Männern mittleren Alters und älter mit geringem sexuellen Verlangen war eine Testosteron-Behandlung mit einer deutlichen Verbesserung der allgemeinen sexuellen Aktivität, dem sexuellen Verlangen aber nicht der erektilen Funktion assoziiert.
- Unter der Behandlung mit Testosteron verbesserten sich hypogonadale Symptome, einschließlich sexueller Symptome, erheblicher als mit Placebo.
- Die Verbesserungen der sexuellen Aktivität, des sexuellen Verlangens und der hypogonadalen Symptome blieben unter der Behandlung bis zu zwei Jahren bestehen.
Literatur:
Pencina KM, Travison TG, Cunningham GR, et al. 2023. Male sex hormones, aging, and inflammation. J Clin Endocrinol Metabol https://doi.org/10.1210/clinem/dgad484.