Gynäkologie, Wechseljahresbeschwerden

Bioidentische Hormone – Gewichtszunahme?

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Viele Frauen bemerken in den Wechseljahren eine Zunahme ihres Körpergewichts. Die Angst vor einer weiteren Gewichtszunahme lässt sie oft auf eine Hormonersatztherapie verzichten. Diese kann jedoch dazu beitragen, Wechseljahresbeschwerden zu lindern und die Körperfettverteilung positiv zu beeinflussen. Erfahren Sie, welchen Einfluss Hormone auf das Gewicht und die Körperzusammensetzung haben und wie Sie der Entstehung eines Hormonbauchs in den Wechseljahren vorbeugen können.

Veröffentlicht am 05.03.2024

Fallbeispiel: Beschwerden in den Wechseljahren

Eine 49-jährige Patientin sucht wegen verschiedener Beschwerden, die sie seit etwa einem Jahr hat, ärztlichen Rat. „Seit einiger Zeit ist mein Menstruationszyklus sehr unregelmäßig. Meine letzte Regelblutung hatte ich vor etwa drei Monaten. Seitdem leide ich unter verschiedenen Symptomen wie Hitzewallungen und Schlafstörungen. Ich wache oft auf und habe Schwierigkeiten, wieder einzuschlafen.“ Weiterhin erzählt die Patientin, dass sie mit Stimmungsschwankungen zu kämpfen hat, sich insgesamt empfindlicher fühlt und in den letzten Jahren an Gewicht zugenommen hat. Die Patientin erkundigte sich bereits bei Freundinnen nach deren Erfahrungen und hörte von der Hormonersatztherapie (HRT).

Natürliche Ursachen der Gewichtszunahme

Viele Frauen entscheiden sich gegen eine Hormonersatztherapie und quälen sich durch die Wechseljahre. Kein Wunder: Liest man doch immer wieder von den Bedenken und Risiken zur HRT, darunter Kopfschmerzen, Zwischenblutungen und einer möglichen Gewichtszunahme.

Aber: Die HRT ist nach nationalen und internationalen Leitlinien die wirksamste Therapie zur Behandlung von Wechseljahresbeschwerden.1

Die Ergebnisse der US-amerikanischen SWAN-Studie (Study of Women’s Health Across the Nation) deuten darauf hin, dass Frauen im mittleren Alter im Durchschnitt etwa 0,7 Kilogramm pro Jahr zunehmen.2 Auch bei Frauen ohne Gewichtszunahme verändert sich die Körperzusammensetzung: Statt an den Beinen und Hüften lagert sich das Körperfett nun in der Bauchgegend ab.3

Die Körperzusammensetzung und das Gewicht verändern sich in den Wechseljahren:

  • die Muskelmasse geht zurück4
  • die Knochenmineraldichte nimmt ab5
  • die körperliche Aktivität sinkt6
  • der Gesamtenergieverbrauch geht altersbedingt zurück7
  • der Anteil an viszeralem Fett (inneres Bauchfett) steigt8
  • das Gewicht nimmt zu.9

Verschiedene weitere Studien zeigen, dass nicht die Menopause, sondern chronisches (kalendarisches) Altern sowie der Lebensstil die Hauptfaktoren für die Gewichtszunahme in der Lebensmitte sind. Hormonelle Veränderungen in der Perimenopause (Phase vor dem Einsetzen der Menopause) tragen allerdings wesentlich zu einer Veränderung der Körperfettverteilung sowie zu einem Verlust an fettfreier Masse (insbesondere Muskeln) bei.10

Tipp: Mit bioidentischen Hormonen können die Beschwerden einer nachlassenden Hormonproduktion auf natürliche Weise wieder ins Gleichgewicht gebracht werden – ohne eine Gewichtszunahme. Die Sorge vieler Patientinnen, durch eine HRT noch weiter an Gewicht zuzunehmen, kann durch keine Studie bestätigt werden.

Die Rolle der Hormone in den Wechseljahren

Hormone steuern alles, was sich in unserem Körper abspielt. Viele Symptome (darunter auch eine Gewichtszunahme am Bauch) und Funktionsstörungen in den Wechseljahren können Folge eines hormonellen Ungleichgewichts zwischen Östrogenen, Progesteron und Testosteron sein.

Östrogene

In der Perimenopause schwankt die Östrogenproduktion in den Eierstöcken stark, sinkt aber insgesamt kontinuierlich. Wenn der Estradiolspiegel sinkt, wächst das viszerale Fettgewebe.11

Gleichzeitig spielen Östrogene eine entscheidende Rolle für den Erhalt der Muskelmasse: Weniger Östrogene führen zu weniger Muskeln, was wiederum den Energieverbrauch senkt. Darüber hinaus kann ein Östrogenmangel depressive Verstimmungen auslösen, was oft mit einer reduzierten körperlichen Aktivität einhergeht.

Progesteron

Die Progesteronproduktion lässt im Alter von 40 – 45 Jahren nach. Dieses Progesterondefizit kann in der Übergangszeit zu den Wechseljahren aus verschiedenen Gründen einen „Hormonbauch“ begünstigen.

Ein Progesteronmangel kann Schlafstörungen verursachen, die stressbedingt zu verstärktem Heißhunger führen können. Außerdem wirkt Progesteron beruhigend sowie angstlösend und hat vermutlich einen positiven Einfluss auf den Knochenbau. Darüber hinaus kann ein Defizit an Progesteron zu einer Östrogendominanz führen, was wiederum zu einer Ansammlung von Wasser im Körper beitragen kann.

Testosteron

Auch Frauen benötigen Testosteron. Es steuert die Libido, die Leistungskraft und den Knochenstoffwechsel. Ein Ungleichgewicht zwischen Estradiol und Testosteron führt zu einer Ansammlung von Bauchfett.

3 Tipps, um der Gewichtszunahme in den Wechseljahren entgegenzuwirken

Wenn Sie Ihr Körpergewicht auf angenehme Weise dauerhaft halten oder reduzieren möchten, müssen Sie bestimmte Gewohnheiten an die veränderten biochemischen Prozesse und den reduzierten Grundumsatz anpassen.

Hormonersatztherapie zur Behandlung von Beschwerden

Bei Wechseljahresbeschwerden sollten Frauen eine HRT als Behandlungsoption in Betracht ziehen. Entgegen der weit verbreiteten Meinung, dass das Körpergewicht oder der BMI durch eine (bioidentische) HRT zunimmt, zeigen Studien, dass dies nicht der Fall ist. Es spricht eher einiges dafür, dass die HRT der Umverteilung des Körperfetts in gefährliches Bauchfett entgegenwirkt. Und auch der positive Einfluss einer HRT auf Schlaf und depressive Verstimmungen kann sich positiv auf das Gewicht auswirken.12

Gleichzeitig gehen mit einer Hormonersatztherapie weitere positive Nebeneffekte einher:

  • Geringeres Risko für Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen
  • Positiver Effekt auf Schlaf und Stimmung, was stressreduzierend wirkt und Ihren Antrieb zu körperlicher Aktivität verbessert

Hinweis: Ob und in welcher Form eine HRT für Sie persönlich geeignet ist, erfordert eine sorgfältige Abwägung. Weitere Informationen zu möglichen Anwendungsformen und Präparaten lesen Sie im verlinkten Beitrag. Entscheidend ist, dass die Behandlung individuell auf Sie ausgerichtet und ärztlich überwacht wird.

Stressreduktion und ausreichend Schlaf

Achten Sie darauf, ausreichend Schlaf zu bekommen, um sich von den Belastungen des Alltags zu erholen und zu regenerieren. Denn: Stress und (starkes) Übergewicht sind eng miteinander verbunden.

Durch den Dauerstress steigen die Insulin- und Cortisolspiegel, was zu Fetteinlagerung und Muskelabbau führen kann. Stimmungsschwankungen können während der Perimenopause die Wahrnehmung von Stress negativ beeinflussen, was eine zusätzliche Gewichtszunahme begünstigt. Der damit einhergehende Schlafmangel kann diesen Mechanismus weiter verstärken.

Balance zwischen Ernährung und Sport

Regelmäßige körperliche Aktivität, einschließlich Krafttraining, das sowohl für den Knochenschutz als auch für den Muskelaufbau von Bedeutung ist, wirkt sich auf die Gewichtsentwicklung positiv aus – das ist hinreichend belegt. Es kommt zur Reduktion der Fettmasse, Abnahme des Taillenumfangs und Stabilisierung beziehungsweise Zunahme der Muskelmasse.

Daneben ist eine dem Grundumsatz entsprechende Ernährung eine wesentliche Grundlage für eine erfolgreiche Gewichtskontrolle. Wird mehr Energie verbraucht als über die Nahrung aufgenommen wurde, beginnt der Körper, seine Fettreserven zu verbrennen. Da der Gesamtenergieumsatz im Alter und durch hormonelle Veränderungen sinkt, ist es notwendig, die tägliche Kalorienaufnahme entsprechend zu reduzieren.

Um sicher, dauerhaft und nachhaltig abzunehmen, sollten Sie Ihre tägliche Kalorienzufuhr um etwa 500 Kilokalorien pro Tag oder 3.500 Kilokalorien pro Woche reduzieren. Am besten kombinieren Sie dies mit regelmäßigem Ausdauer- und Krafttraining. Wenn Sie es schaffen, sich insgesamt im Alltag mehr zu bewegen bzw. mehr Sport zu treiben, müssen Sie Ihre Kalorienzufuhr weniger stark senken, da Sie dann mehr Kalorien verbrennen. Trinken Sie zudem ausreichend stilles Wasser oder ungesüßten Tee und achten Sie auf eine mikronährstoff- und proteinreiche Ernährung, um eine Abnahme der Muskelmasse zu vermeiden.

Tipp: Achten Sie auf die kleinen Dinge in Ihrem Alltag, die Ihr hormonelles Gleichgewicht beeinflussen können. Selbst geringfügige Anpassungen in Ihrer Ernährung, Ihrem Schlafmuster oder Ihrer Bewegungsroutine können einen positiven Effekt auf Ihr Gewicht haben und Ihre Wechseljahresbeschwerden lindern.13

Hormone in den Wechseljahren natürlich ins Gleichgewicht bringen

Insgesamt sind viele Faktoren an der Gewichtsproblematik in der Peri- und Postmenopause beteiligt. Aber: Entgegen dem weit verbreiteten Glauben ist eine (bioidentische) Hormonersatztherapie in den Wechseljahren nachweislich nicht mit einer Gewichtszunahme verbunden.

Die Anwendung von bioidentischen Hormonen bei Wechseljahresbeschwerden hat neben der positiven Wirkung auf die Beschwerden einen neutralen oder möglicherweise sogar positiven Effekt auf das Gewicht.

Zusammengefasst: Sie wollen Ihre Wechseljahresbeschwerden mit einer HRT lindern? Eine Gewichtszunahme durch die HRT haben Sie dabei nicht zu befürchten.

 

Referenzen

  1. S3-Leitlinie Peri- und Postmenopause – Diagnostik und Interventionen. Registernummer 015 – 062, Stand: Januar 2020, Version 2.3. (https://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/015-062.html) zuletzt aufgerufen am 05.02.2024.
  2. Sternfeld B, Bhat AK, Wang H, Sharp T, Quesenberry CP Jr. Menopause; physical actycity, and body composition/fat dirstribution in midlife women. Med Sci Sports Exerc. 2005 Jul;37(7);1195-202
  3. Marlatt KL, Pittynski-Miller DR, Gavin KM, Moreau KL, Melanson EL, Santoro N, Kohrt WM. Body composition and cardiametabolic health across the menopause transition. Obesity (Silver Spring). 2022 Jan;30(1):14-27
  4. Greendale GA, Sternfeld B, Huang M, Han W, Karvonen-Gutierrez C, Ruppert K, Cauley JA, Finkelstein JS, Jiang SF, Karlamangla AS. Changes in body composition and weight during the menopause transition. JCI Insight. 2019 Mar 7;4(5):e124865
  5. Marlatt KL, Pitynski-Miller DR, Gavin KM, Moreau KL, Melanson EL, Santoro N, Kohrt WM. Body composition and cardiometabolic health across the menopause transition. Obesity (Silver Spring). 2022 Jan;30(1):14-27
  6. Moser M, Stute P: Körpergewicht und Körperzusammensetzung – Einfluss von Menopause und Hormonersatztherapie. Gyn Endo (2014) 12: 183-185
  7. Moser M, Stute P: Körpergewicht und Körperzusammensetzung – Einfluss von Menopause und Hormonersatztherapie. Gyn Endo (2014) 12: 183-185
  8. Lovejoy JC, Champagne CM, de Jonge L, Xie H, Smith SR. Increased visceral fat and decreased energy expenditure during the menopausal transition. Int J Obes (Lond). 2008 Jun;32(6):949-58.
  9. Greendale GA, Sternfeld B, Huang M, Han W, Karvonen-Gutierrez C, Ruppert K, Cauley JA, Finkelstein JS, Jiang SF, Karlamangla AS. Changes in body composition and weight during the menopause transition. JCI Insight. 2019 Mar 7:4(5):e124865
  10. Davis SR, Castelo-Branco C, Chedraui P, Lumsden MA, Nappi RE Shah D, Villaseca P; Writing Group of the International Menaupause Society for World Mensopause Day 2012. Unterstanding weight gain at menopause. Climacteric. 2012 Oct;15(5):419-29
  11. Lovejoy JC, Champagne CM, de Jonge L, Xie H, Smith SR. Increased visceral fat and decreased energy expenditure during the menopausal transition. Int J Obes (Long). 2008 Jun;32(6):949-58
  12. Salpeter, S. R., et al. „Meta‐analysis: effect of hormone‐replacement therapy on components of the metabolic syndrome in postmenopausal women.“ Diabetes, Obesity and Metabolism 8.5 (2006): 538-554.
  13. Davis SR, Castelo-Branco C, Chedraui P, Lumsden MA, Nappi RE Shah D, Villaseca P; Writing Group of the International Menaupause Society for World Mensopause Day 2012. Unterstanding weight gain at menopause. Climacteric. 2012 Oct;15(5):419-29