Hintergrund
Etwa 20–30% der erwachsenen Männer sind von einer altersbezogenen Abnahme des Serum-Testosterons betroffen. Bei den höher Betagten sind es bis zu 60%. Der Abfall der Androgene führt in beträchtlichem Umfang zum so genannten Late-onset-Hypogonadismus (LOH). Dieser macht sich typischerweise in hypoaktivem sexuellem Verlangen und erektiler Dysfunktion (ED) bemerkbar. Zur Behandlung der ED hat sich die Inhibition der Phosphodiesterase Typ 5 (PDE5) als äußerst effektiv erwiesen. Bei ED-Patienten mit LOH, die auf die Monotherapie mit PDE5-Inhibitoren unzureichend ansprechen, hat sich die Kombination mit der Testosteronsubstitutionstherapie (TRT) mit PDE5-Inhibitoren zur Wiederherstellung der erektilen Funktion vielfach evidenzbasiert bewährt. In diesem Zusammenhang wurde von zahlreichen Untersuchern eine Androgen-regulierte Expression von PDE5 als gegeben hingenommen.
Zielsetzung
Die zum Teil sich widersprechenden Literaturdaten zur vermeintlichen Rolle von Testosteron bei der Regulation der PDE5-Expression im Urogenitaltrakt sollten kritisch bewertet werden.
Ergebnisse
PDE5 negativer Regulator der erektilen Dysfunktion: In den penilen Endothelzellen gebildetes NO aktiviert lösliche Guanylatzyklase, die die Bildung von zyklischem Guanosinmonophosphat (cGMP) katalysiert. Letzteres ist grundlegend in die Regulierung der zur Erektion führenden vesikulären Prozesse involviert. Die negative Regulation der erektilen Funktion erfolgt dagegen durch die Inaktivierung von cGMP mittels PDE5. Dessen Akkumulation in den glatten Muskelzellen des Corpus cavernosum ist demzufolge mit Erektionsschwäche assoziiert.
Über altersbedingte Veränderungen der PDE5-Expression in den Corpora cavernosa liegen keine Daten vor. Da ein Großteil älterer Männer von LOH betroffen ist, standen vielmehr Untersuchungen einer Androgenabhängigkeit der PDE5-Expression mit teils widersinnigen Ergebnissen im Vordergrund.
Androgen-regulierte PDE5-Expression? Bei hypogonadalen ED-Patienten hat eine TRT insbesondere in Kombination mit PDE5i stärkende Effekte auf die erektile Funktion. Diese aus einer Reihe diesbezüglicher Studien gewonnene Erkenntnis begünstigte die weitgehende Akzeptanz einer direkt Androgen-regulierten Expression von PDE5. Eine positive Regulierung implizierte aber, dass ein positiver Regulator der erektilen Funktion (Testosteron) die Verfügbarkeit eines negativen Regulators (PDE5) in die Höhe treibt. Dieses Paradox war auf das Auffinden eines vermeintlichen Androgen-Response-Elements (ARE) im Promotor des humanen PDE5A-Gens zurückzuführen (Lin CS, et al. 2001. Biochem Biophys Res Commun 280:684). In einem nachfolgenden Review (Lin et al. 2013) wurde das einzelne nicht kanonische ARE dann als nicht-funktionell erachtet. Darüber hinaus wird auf zwei voneinander unabhängige Untersuchungen der androgenresponsiven Gene im menschlichen Genom verwiesen. Unter jeweils einer großen Anzahl Gene mit ARE befand sich PDE5A nicht.
Genährt wird die Auffassung einer positiven Regulierung der PDE5-Expression durch Androgene auch aus Experimenten mit Labortieren. Deren PDE5-Expression in den Corpora cavernosa, der Prostata und der Harnblase war nach Kastration herunterreguliert. Durch Testosteron-Gabe ließ sich die ursprüngliche PDE5-Expression wiederherstellen. An kultivierten Zellen ließ sich die Heraufregulierung der PDE5-Expression bei Inkubation mit Androgen hingegen nicht nachvollziehen.
Synergische Effekte von Testosteron und PDE5-Inhibitoren:
Chronischer Testosteronmangel führt in den Corpora cavernosa zur Verminderung des Gehalts an glatten Muskelzellen. Sie werden insbesondere durch Adipozyten ersetzt, und es kommt zur Fibrosierung. Unter dieser Bedingung fehlt es bei der ED-Behandlung hypogonadaler Männer an Substrat für den Inhibitor. Es ist daher anzuraten, zunächst die Testosteronspiegel zu normalisieren, bevor ein PDE5-Inhibitor gegeben wird. Die Wiederherstellung der anatomischen und histologischen Integrität der Corpora cavernosa kann dabei bis zu 6 Monate in Anspruch nehmen.
Kernaussagen
- Unbehandelter Hypogonadismus kann bei älteren Männern zur Ineffektivität einer ED-Behandlung mit PDE5-Inhibitoren führen.
- Bei ED-Patienten mit LOH kommt es in der Behandlung mit Testosteron plus PDE5-Inhibitor zu synergischen Effekten.
- Eine direkte positive Androgenregulation der PDE5-Expression lässt sich nicht mit den klinischen Befunden bei ED oder Symptomen des unteren Harntrakts vereinbaren.
Referenzen:
Aversa A, Duca Y, Condorelli RA, et al. 2019. Androgen deficiency and phosphodiesterase type 5 expression changes in aging male: Therapeutic implications. Front Endocrinol (Lausanne) 10:225.
Lin C-S, Xin Z, Namiki M, et al. 2013. Direct androgen regulation of PDE5 gene or the lack thereof. Int J Impot Res 25:81-85.