Zyklusbedingte Mastodynie
Die zyklusbedingte Mastodynie kann auf ein lokales Ungleichgewicht der weiblichen Sexualhormone zurückgeführt werden. Lesen Sie hier, welchen Einfluss Estradiol und Progesteron auf das Brustgewebe ausüben und welche Konsequenzen sich aus einer hormonellen Imbalance ergeben können.
Vielen Frauen sind schmerzende Brüste bekannt, charakterisiert durch ein Schwellungs- bzw. Spannungsgefühl im Bereich der Brust. Brustschmerzen zählen zu den häufigsten Gründen für Frauen, in der gynäkologischen Praxis vorstellig zu werden. So leiden bis zu 70 % der Frauen mindestens einmal in ihrem Leben unter Brustschmerzen1. Unterschieden wird zwischen zyklusabhängigen und zyklusunabhängigen Beschwerden, medizinisch wird von einer Mastodynie gesprochen. Manchmal werden nur die zyklusabhängigen Brustschmerzen als Mastodynie und die zyklusunabhängigen als Mastalgie bezeichnet, oft werden beide Begriffe aber allgemein für Brustschmerzen synonym verwendet. Bekannt ist, dass 60–75 % der Beschwerden auf die zyklusbedingte Form zurückzuführen sind2. Ein hormonelles Ungleichgewicht der weiblichen Sexualhormone nach der Ovulation gilt als mögliche Ursache der zyklusbedingten Brustschmerzen3. Betroffene klagen dann über Brustspannen, Brustschmerzen und Berührungsempfindlichkeit im Bereich der Brüste. Typischerweise treten die Beschwerden nach der Ovulation auf und erreichen ihren Höhepunkt am 24.–25. Zyklustag3. Sie können dabei sowohl ein- als auch beidseitig auftreten4. Nicht selten lösen die Beschwerden bei den Betroffenen Angst vor einer Brustkrebserkrankung aus, die es dann von ärztlicher Seite abzuklären gilt5. Im Allgemeinen treten Brustschmerzen bei Brustkrebspatientinnen eher selten auf1.
Die Anatomie der weiblichen Brust
Die weibliche Brust bzw. Brustdrüse wird fachspezifisch auch als Mamma (plural: Mammae) bezeichnet. Ihre morphologische und funktionelle Entwicklung unterliegt Hormonen, welche ihren Einfluss zum Zeitpunkt der Pubertät ausüben.
Die Mammae befinden sich auf Höhe der 3.–7. Rippe. Fixiert werden sie an der Brustfaszie durch die Ligamenta suspensoria mammae. Form und Lage der weiblichen Brust können aufgrund verschiedener Faktoren variieren. Hierzu zählen unter anderem das Alter der Frau, der Hormonhaushalt, Ernährungszustand, die Anzahl von Graviditäten und Laktationen sowie die Körperhaltung6. Morphologisch wird die Brust in 4 Quadranten unterteilt. Sie besteht überwiegend aus Fett- und Bindegewebe, welches das milchproduzierende Drüsengewebe umgibt.
Das Drüsengewebe setzt sich aus 15 bis 20 traubenförmigen Drüsenlappen (Lobi) zusammen, welche sich wiederum in mehrere Drüsenläppchen (Lobuli) gliedern. Die Lobuli stellen somit die kleinste Einheit der Brustdrüsen dar und sind während der Laktation für die Milchbildung zuständig. Von den Drüsenläppchen ausgehend führen Milchgänge (Ducti) zur Brustwarze hin. Am Ende eines jeden Milchganges befindet sich vor der Mündung in die Brustwarze der sogenannte Sinus lactifer, welcher während der Stillzeit als Milchreservoir fungiert. Die Brustwarze ist vom Warzenhof (Areola mammae) umgeben. In diesem befinden sich neben Schweiß- und Talgdrüsen sowie kleinen Härchen auch Muskeln und Nerven, die für die Reizleitung zuständig sind. So wird gewährleistet, dass sich die Brustwarze bei einem mechanischen Reiz aufrichtet6. Die arterielle Versorgung der Mammae wird gewährleistet durch Äste (Rami), die aus folgenden Arterien hervorgehen6:
- Arteria intercostalis anterior (Rami perforantes)
- Arteria thoracica interna (Rami mammarii mediales)
- Arteria thoracica lateralis (Rami mammarii laterales)
- Arteria intercostalis posterior (Rami mammarii laterales)
Venöses Blut wird über den sogenannten Plexus venosus areolaris abtransportiert und überwiegend zur Vena thoracica lateralis sowie zur Vena thoracica interna geleitet. Innerviert werden die Mammae durch Äste der Interkostalnerven (Rami mammarii mediales et laterales). Die Lymphgefäße verlaufen in einem oberflächlichen als auch tiefen System, welche beide miteinander verbunden sind und die Lymphe schließlich über große Lymphgefäße ableiten6.
Wirkungsweise von Estradiol und Progesteron
Bei Estradiol und Progesteron handelt es sich um weibliche Sexualhormone8,9. Estradiol zählt neben Estron und Estriol zu der Gruppe der Östrogene (Steroidhormone) und stellt in Bezug auf seine Funktionen im Körper das wichtigste Östrogen dar10. Produziert wird es hauptsächlich im Ovar sowie im Gelbkörper (Corpus luteum). Geringere Mengen werden darüber hinaus auch in der Nebennierenrinde synthetisiert11. Die Produktion von Estradiol unterliegt zyklusbedingten Schwankungen, welche auf positiven oder negativen Rückkopplungsmechanismen beruhen. Täglich werden zwischen 25–100 μg Estradiol im weiblichen Körper produziert8. Im Blut wird Estradiol zu 69 % an das sexualhormonbindende Globulin (SHBG) und zu 30 % an Albumin gebunden. Der verbleibende Anteil (1 %) zirkuliert indes in ungebundener Form8.
Progesteron wird in der 2. Hälfte des Menstruationszyklus im Corpus luteum gebildet. Eine geringe Menge wird ebenfalls in der Nebennierenrinde produziert12. Wie auch im Falle von Estradiol schwankt bei Frauen im gebärfähigen Alter die Progesteronkonzentration im Serum innerhalb des Menstruationszyklus. Der Normwert liegt hierbei zwischen < 1 und > 10 ng/ml. Nach der Menopause sinkt er auf < 0,3 ng/ml13. Der überwiegende Anteil des Progesterons wird in gebundener Form im Blut transportiert8. Dabei wird Progesteron zu 80 % an Albumin und zu 18 % an Transcortin gebunden. Nur etwa 2 % des Hormons zirkulieren in ungebundener Form. Die Zielorgane des Progesterons sind mit intrazellulären Progesteronrezeptoren ausgestattet8. Zu diesen Zielorgangen zählen unter anderem der Uterus, die Ovarien, das Gehirn und die Knochen14.
Estradiol und Progesteron sind gemeinsam an der Regulation des weiblichen Menstruationszyklus beteiligt8,14. Der weibliche Menstruationszyklus lässt sich generell in Follikel- und Lutealphase unterteilen8. Der Übergang zwischen den beiden Phasen wird dabei von der Ovulation eingeleitet. Im Mittel beträgt die Länge des Zyklus 28 Tage. Tatsächlich kann die Zyklusdauer unter physiologischen Bedingungen jedoch auch kürzer oder länger ausfallen. Entsprechend kann sich der Zyklus über 21 bis 35 Tage erstrecken und auch der Zeitpunkt der Ovulation variiert in Abhängigkeit der Zykluslänge. Bei etwa 25 % der Frauen kommt es zwischen dem 14. und 15. Zyklustag zum Eisprung, bei ca. 60 % der Frauen erst nach dem 14. Zyklustag. In seltenen Fällen (etwa 5 %) erfolgt der Eisprung bereits am 11. Zyklustag oder früher15.
Die Wirkung von Estradiol und Progesteron auf das Brustgewebe
Neben der Funktion als Regulator des Menstruationszyklus stimuliert Estradiol zudem das Wachstum der weiblichen Brust, indem es die Proliferation des tubuloalveolären Gewebes anregt16. Eine Überempfindlichkeit der Brüste kann durch Estradiol bedingt sein, Progesteron wirkt sich diesbezüglich regulierend auf das Brustgewebe aus17. Progesteron ist sowohl am Wachstum als auch der Differenzierung der Milchgänge und Milchgangdrüsen beteiligt. Es fungiert zudem als Antagonist zu Estradiol und reduziert die Bildung von Estradiolrezeptoren17. Darüber hinaus aktiviert es die 17β-Hydroxysteroid-Dehydrogenase, welche für die Umwandlung von Estradiol in das schwächer wirksame Estron verantwortlich ist18. Progesteron verhindert zudem eine erhöhte Gefäßdurchlässigkeit, womit es der Bildung von Ödemen entgegenwirkt. Auch hemmt es die Zellproliferation, indem es den durch die Östrogene beschleunigten Mitosezyklus blockiert17.
Estradioldominanz und Mastodynie
Ein gestörtes Verhältnis zwischen Estradiol und Progesteron nach der Ovulation gilt als mögliche Ursache der zyklusbedingten Mastodynie, welche mit einer ödematösen Schwellung der Mammae einhergeht3. Ein solches Ungleichgewicht führt aufgrund eines absoluten oder relativen Progesteronmangels zu einem relativen Estradiolüberschuss, welcher die gesteigerte Bildung von Estradiolrezeptoren zur Folge hat. In der Konsequenz kommt es zur Vasodilatation und einer gesteigerten Durchblutung des Brustgewebes. Der vermehrte Austritt von Lymphflüssigkeit aus den umliegenden Gefäßen (Extravasation) führt zur Einlagerung von Flüssigkeit und schließlich zur Bildung schmerzhafter Ödeme3,7. In Untersuchungen konnte gezeigt werden, dass Patientinnen, welche unter einer prämenstruellen Mastodynie litten, niedrige Progesteron- und erhöhte Estradiolspiegel aufwiesen3.
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